über uns

Lotte und Peter: über uns

Sonntag, 26. April 2020

auf der Suche nach der Finsternis

Schon länger haben wir den Plan gehabt, den nächtlichen Himmel zu fotografieren. Mit dem Mond als Motiv geht das noch recht einfach, aber für die Sterne brauchen wir besondere Bedingungen, um zu interessanten Fotos zu kommen. Wir informieren uns erst einmal mit Hilfe von YoutubeTutorials und schnell wird klar: Milchstraßenbilder und Startrails (Bilder der Sternbahnen um den Polarstern) sind immer ein Hingucker.
Die fototechnische Ausrüstung dafür ist dieselbe, die auch für die Konzertfotografie notwendig ist, sie muß vor allem für wenig Licht geeignet sein. Ein Stativ ist unbedingt notwendig und eine gute Stirnlampe mit Rotlicht macht beim fotografieren alles ein bisschen einfacher.
Auch die zeitliche Planung ist kein Problem: für wenige Euro gibt es  "Sun Surveyor Pro" oder ähnliche Apps, die für jeden Ort und jede Zeit die Sichtbarkeit von Sonne, Mond und Milchstraße mit Himmelsrichtung und Auf- und Untergangszeiten anzeigen. Am besten sichtbar sind die Sterne bei Neumond, bei klarem Himmel ohne Dunst oder Wolken, bei kalter und damit eher trockener Luft und bei möglichst geringer Lichtverschmutzung, also weit entfernt von größeren Siedlungsräumen. In Österreich wäre daher ein Aussichtspunkt in den Alpen ideal, der aber möglichst mit dem Auto erreichbar sein sollte, denn wer will schon bei Minusgraden zelten oder stundenlang zu Fuß unterwegs sein.
Neumond ist in der Nacht vom 22. auf den 23. April und der Wetterbericht verspricht für diese Nacht gute Bedingungen. Es fehlt nur mehr ein passender Ort. Wir überlegen lange, informieren uns auf Google Earth und den Planungswerkzeugen von Sun Surveyor und Dark Sky und entscheiden uns dann für das Zirbitzkogelgebiet. Es ist von Graz aus leicht erreichbar  und in der unmittelbaren Umgebung der Winterleitenhütte gibt es freie Sicht nach Norden und nach Südosten. Für unser Vorhaben brauchen wir nämlich Sicht auf den Polarstern und den Ort, wo das Zentrum der Milchstraße aufgehen soll. Und nicht unwichtig: zur ca 1.800m hoch gelegenen Hütte führt eine legal befahrbare Straße.
Am Dienstag wecken wir unseren Campingbus aus seinem Winterschlaf, füllen Trinkwasser ein usw. Mittwoch vormittag wird eingepackt und Lebensmittel für drei Tage kommen an Bord, denn alle Gasthäuser sind ja derzeit geschlossen. Dann steuert Lotte unser Gefährt bis Judenburg, aber die unbekannte und auf den letzen Kilometern schmale Straße ins Berggebiet darf wieder ich fahren. Ca. 300 Meter vor unserem Ziel ist ein großer Parkplatz und ein geschlossener Schranken verhindert unsere Weiterfahrt. Es ist jetzt 15:00 Uhr, das strahlende Wetter macht Lust auf eine kleine Erkundungswanderung. Wir ziehen los und sind in wenigen Minuten beim Unteren Winterleitensee und der derzeit menschenleeren Winterleitenhütte.


Mit der Planungsapp am Smartphone suchen wir uns gleich gute Standorte für die Nacht, dann gehen wir noch durch den Wald und über ein kleines Schneefeld zum Oberen Winterleitensee.
Dort wenden wir uns nach Westen und sind bald am ersten Bergrücken auf ca 1940m Höhe. Für eine längere Wanderung ist es zu spät, daher drehen wir hier um. Zurück am Parkplatz wird es bald schattig und wir drehen unsere Dieselheizung auf volle Leistung.
In der Dämmerung besucht uns noch ein Reh, das keine Scheu vor unserem Bus hat und sich nur für eine Wasserlacke am Parkplatz interessiert. Die Außentemperatur fällt immer weiter, es wird wohl frostig werden heute nacht.
Nachdem wir gesehen haben, dass der Schranken zwar zu, aber nicht versperrt ist, werden wir ihn für unsere Fotonacht öffnen und doch die letzten Meter bis zur Hütte hinauf fahren. Um 22:00 Uhr starten wir unseren Plan, platzieren unser Wohnmobil neben der Hütte und bringen die Kameras in Position. Wir sind überwältigt vom Anblick der unzähligen Sterne, als Stadtbewohner sehen wir das leider nie in dieser Pracht.
Ich möchte eine Kamera nach Norden ausrichten und 150 Fotos im Abstand von 45 Sekunden machen, um dann am Computer ein schönes Bild der drehenden Fixsterne zu bekommen.
Die größte Herausforderung ist das Scharfstellen des Objektivs auf die Sterne, das funktioniert im Dunklen nicht automatisch und gelingt uns erst nach mehreren Versuchen. Lotte bemüht sich inzwischen um mehrere Bilder des Zirbitzkogels mit Sternenhimmel, die wir später zu einem Panorama zusammenbauen.
"Meine" Kamera arbeitet automatisch und so können wir im warmen Auto warten. Gegen 01:00 Uhr hole ich sie vom Stativ. Ich überprüfe die Fotos und wundere mich, weil auf den Bildern nichts zu sehen ist. Der Fehler wird gleich entdeckt, bei den letzten Einstellungen vor Beginn der Intervallaufnahmen habe ich irrtümlich die Blendenöffnung verstellt. Wie blöd kann man sein? Zum Stromsparen habe ich die Bildkontrolle ausgeschaltet und damit auch den Fehler nicht gleich bemerkt. Bis zum "Aufgang" der Milchstraße haben wir noch Zeit. Da wir schon lange auf sind und eine Wanderung hinter uns haben, ist die Herausforderung, wach zu bleiben, ziemlich groß.
Um 01:50 gehen wir wieder hinaus und versuchen unser Glück mit der Milchstraße, die gerade im Südosten "aufgeht" und immer besser sichtbar wird.

24mm; f 2,8; 13sec, ISO3200 
Diesmal funktioniert alles, beide Kameras liefern brauchbare Bilder. Auch hier hilft die Intervallautomatik; während wir wieder im Bus sitzen, nimmt die Kamera alle 10 Minuten ein Foto auf. Es ist schon 03:00, als ich sie wieder hole. Ich bin aber noch immer frustriert und möchte noch einmal eine Startrailserie aufnehmen, diesmal aber nur noch 60 Fotos, wir sind nämlich schon ziemlich müde. Um 04:15 sind wir endgültig fertig, packen alles wieder ein und fahren zurück zum Parkplatz. Ich nutze noch die Möglichkeit einer kurzen, aber heißen Dusche in unserem wunderbaren Bus, dann drehen wir die Heizung zurück und fallen ins Bett.
Am Donnerstag schlafen wir natürlich etwas länger und klettern erst aus unserem Bett, als die Morgensonne den Bus schon gut aufgewärmt hat. Beim Frühstück denken wir über weitere Orte nach, wo wir heute abend wieder unser Glück versuchen können. Nach "Rücksprache" mit unseren Planungsapps entscheiden wir uns für die Weinebene, eine Passhöhe im Gebiet der Koralpe. Wir müssen nicht mehr zurück bis Judenburg, sondern können über eine ziemlich steile schmale Straße hinunter nach Obdach und weiter über Twimberg auf die Weinebene fahren. Die Motorstaubremse funktioniert bestens. Auch bei Gefälle von  weit über 20% wird das Bremspedal nicht betätigt.
Nach knapp zwei Stunden stehen wir am großen Parkplatz an der Landesgrenze zwischen Steiermark und Kärnten.
Wir kennen das Gebiet von früheren Wanderungen und machen uns auf die Suche nach einem guten Standort für heute nacht, denn später im Dunklen ist das viel schwieriger. Eine kleine Kuppe gefällt uns, sie ist nur 15 Gehminuten vom Parkplatz entfernt und bietet einen brauchbaren Vordergrund für Fotos sowie gute Sicht auf den schneebedeckten Hauptgipfel der Koralpe und später auch auf die Milchstraße.
Nach dem Abendessen warten wir diesmal gleich bis 01:45, ehe wir  im Licht der Stirnlampen zu unserem Fotopunkt gehen. Diesmal haben wir keine warme Rückzugsmöglichkeit, während wir fotografieren, daher bin ich mit Anorak, Haube und Handschuhen ausgerüstet. Lotte zieht sogar ihre warme Schihose an, dafür verzichtet sie auf die eher hinderlichen Handschuhe. Wir probieren mehrere Möglichkeiten aus. Zuerst  machen wir Fotos der Milchstraße und beleuchten einen Felsen im Vordergrund dezent mit unserer Stirnlampe.

24mm; f 2,8; 13sec, ISO6400, Taschenlampe

Dann brauchen wir mehrere Aufnahmen für ein Panoramabild. Zuletzt  gefallen uns noch die Sterne über der Radarstation.

24mm; f 2,8; 20sec, ISO6400

Die Temperatur fällt wieder auf den Gefrierpunkt, aber nach 90 Minuten sind wir zurück in unserem kuschelig beheizten Bus. Am Freitag fahren wir nach einem gemütlichen Frühstück zurück nach Graz und sichten unsere Fotos am großen Bildschirm. Für die endgültige Bearbeitung der Bilder sind wir zu müde, aber Samstag holen wir uns nochmal Anleitungen von Youtube und freuen uns, das wir wirklich ein paar schöne Ergebnisse haben.

die Bilder bekommen beim Anklicken die volle Größe!

Panorama aus 3 Fotos: 35mm APSC; f 1,8; 10sec, ISO1600

Panorama aus 5 Fotos: 24mm; f 2,8; 13sec, ISO6400

Überlagerung aus 60 Fotos: 24mm; f 2,8; 30/15sec, ISO640

Peter hat ein paar wesentliche Kleinigkeiten zu erwähnen vergessen. In dieser Höhe ist es im April wirklich noch sehr kalt und der Schnee tut ein Übriges dazu, es noch kälter zu machen. Also haben wir in diesen Nächten alles an, dessen wir habhaft werden können. Aber das alles nützt überhaupt nichts, wenn beim Fotografieren die Finger starr vor Kälte werden. Die Folgen sind ärgerlich. Mit warmen Handschuhen kann man die Kamera kaum bedienen. Man findet einfach die richtigen Knöpfe nicht im Stockdunkeln und jedes mal Licht machen ist erstens mühsam und stört zweitens den/die andere/n. Also ohne Handschuhe. Aber das macht die Sache auch nicht besser, denn wenn die Finger vor Kälte taub werden, hat man dasselbe Problem. Wenn einem dann nach einiger Zeit die Kälte in allen Knochen steckt, sinkt die Motivation für und das Bedürfnis nach tollen Fotos recht schnell auf Temperaturniveau. Das Zweite, das uns zu schaffen macht, ist die Finsternis. Die ist zwar toll zum Fotografieren, aber zum Einstellen ist sie wirklich hinderlich. Also Stirnlampe ein und wieder ausschalten, bei Standortwechsel möglichst nicht stolpern, denn die Stirnlampe gibt ja nur dort Licht, wo man gerade hinsieht, und wenn das gerade nicht der Boden direkt vor den Füßen ist....... Unser drittes Problem ist die Müdigkeit. Wir gehören nicht zu den Nachtmenschen, die regelmäßig erst um 3:00 ins Bett gehen. Mir fallen die Augen irgendwann zwischen 22:00 und 23:30 zu und dann geht einfach nichts mehr. Das Alter ist da erbarmungslos. Die Wartezeit, bis sich um 2:00 die Milchstraße zeigt, ist daher nur schwer sinnvoll zu überbrücken. Am zweiten Abend gehe ich einfach schlafen und lasse mich von Peter rechtzeitig wecken. Er hat es da viel schwerer, denn wenn er einmal im Bett ist, bekommt ihn niemand mehr dazu, hinaus zu gehen. Also liest und gähnt er sich durch die Stunden. Aber ansosten ist Sternenfotografie einfach fantastisch!!!

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